Archive for Januar 15th, 2006

[ not vegan! ]

Sonntag, Januar 15th, 2006

hallo gudrun w.

wie komme ausgerechnet ich in das zweifelhafte vergnügen, von
dir post zu bekommen? ich stand bislang nicht in deinem ‚ver-
teiler‘ und will das auch in zukunft nicht. ich bekam also von dir
eine an mich weitergeleitete anfrage irgendeiner ‚tierherberge‘:
 

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to: info@peryton.de
date: wed, 11 jan 2006 02:30:36 +0100
subject: (no subject)
reply to:gw@xxxxxxxxxheeling.de

Liebe Tierfreunde,
vielleicht könnten Sie Frieda zu einem liebevollen
Zuhause verhelfen. Melden Sie sich dann bitte bei
Tanja xxx. Neue Seminartermine in Deutschland
stehen fest. Bitte melden Sie sich, falls Sie sich
interessieren, bei mir.
 

—–HIER BEGINNT DIE WEITERGELEITETE NACHRICHT —–
von: tanja_xxxxxx@t-online.de {name geändert}
datum: 10.01.2006, 23:25:56

Hallo Gudrun,
ich weiß, Du leitest ungern Mails weiter, aber Frieda ist wirklich
eine ganz arme Seele, die dringend eine Couch benötigt.
Würdest Du Frieda durch deinen Verteiler schicken?

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natürlich habe ich auf die homepage dieser mir bis dato nicht
bekannten „gudrun“ geschaut, ein wenig recherchiert, was für
ein mensch dahinter stehen möge, was für ein mensch hier um
hilfe gebeten wird – und wer da so dreist ist, mich ungefragt
für seine höchsteigenen interessen einspannen zu wollen

ich finde also eine frau, die mit tieren ’spricht‘. ach ja, gähnen
wir, das war alles schon mal da. eigentlich kein grund, sich
weiter damit zu beschäftigen – aber nein: hier kommt alles viel
dicker. diese frau verspricht jenen „heilung“, die sich dort
betrügen lassen wollen, wo ich esoterischen dunst, realitäts-
flucht und das offensichtliche bewerben von wirtschaftsinte-
ressen wahrnehme

aber diese hier kann sogar die gedanken von tieren lesen, wenn
sie nur ein foto des betreffenden haustiers betrachtet. jaja. und
dann kann sie lesen, was der liebling so denkt über herrchen
und über frauchen und wo es seine wehwechen hat (und die
hat es!) und was es am liebsten fressen mag. ganz zu schwei-
gen davon, dass es seine meinung kundtut über den letzten
lover von öffne-mir-die-dose-mama. und dass unser liebling
sich wohl fühlt – nein: wahrhaft glücklich ist! -, im stall oder im
haus, sofern das bevorzugte happihappi rechtzeitig an der
richtigen stelle steht. und wenn ordentlich geschmust wird, an
den richtigen stellen. ja, diese ‚heilerin‘ beschönt und befestigt
das fundament der derzeit existentierenden zustände von herr-
schaft, eigentum und ausbeutung

dass die tiere es vermutlich nicht lustig finden, von menschen
derart vereinnahmt zu werden, dass ihr aussehen auf mensch-
liche bedürfnisse hingezüchtet, hingeschnitzt wird mit dem
abschneiden von ohren und schwänzen, dem verlängern oder
verkürzen von nasen, dem züchten spezieller sorten, haar-
farben, -längen oder gar besonderer nacktheit, dass sie es
nicht lustig finden eingesperrt, kastriert zu werden, totgefüt-
tert oder -gehungert, zwangsweise befruchtet, in isolations-
haltung gefoltert, angeleint, angekettet, in hallen und auf
rennbahnen kaputttrainiert, wie ein radio an- oder abgestellt
zu werden, geparkt in ställen, ständern oder der scheinfrei-
heit fettgedüngter weideflächen, gemolken, geliebt oder ge-
gessen zu werden, je nach menschlicher wahl, je nach be-
stimmung, mode und marktwert – also dass sie das ganz
normale haustierleben nicht freiwillig wählten, hätten sie die
freiheit, über ihr leben zu verfügen und über ihre gedanken …

… das alles sollen sie nicht gesagt haben?

dann sage ich jetzt das überhörte und dass es unangemessen
ist, wenn sich ein solcher mensch mit solchen motiven in die
nähe ‚veganer‘ und an ‚tierrechten‘ interessierter stellt – oder
gestellt wird. es ist faktisch falsch

das zurechtlügen der haustierlichen realität als einer konstruk-
tion von tiersein, das glücklich sich erfüllt im befriedigen rein
menschlicher (besitz-) bedürfnisse, hinlauschend in steter be-
reitschaft zu dienen, quasi in tiermenschlicher symbiose, das
rechtfertigen der ausbeutungsnormalität von tieren (‚kapital
animal‘
) ist genau so dreist, wie es von einer bürgerlich-kapi-
talistisch orientierten frau erwartet werden kann, die sich auf
dem esoterischen markt eine nische gefunden hat

solche leute sind potentielles angriffsziel meines direkten, ge-
waltfreien widerstands gegen tierausbeutung – und solche leute
suchen meine nähe besser nicht

georg hemprich (peryton)
 

ps: diese mail wird öffentlich gemacht. die beschriebene home-
page-adresse hingegen nicht. ich mache für derartige lebens-
ziele kein werbung (hier nachzulesen: „wen wir scheisse finden
verlinken wir nicht“
)