Archive for März, 2008

[ an dich]

Donnerstag, März 27th, 2008

zwischen all den zetteln und notizen, dem ange-
stauten, angesammelten, dem kram und kruscht
der jahre liegt ein brief von dir, der reisst beim
auseinanderfalten, angeschmuddelt ist er, dass
teile kaum zu lesen sind; ich sollte besser nicht

ich räume auf und um, muss fortwerfen und hier-
lassen, muss mich entscheiden zum scheiden;
die morgenvögel vor dem fenster, die blöden tau-
ben, die vergebens auf dem klo zu brüten ver-
suchten, wieder und wieder (gestern hörte ich
ein nachbar habe begonnen, die eier zu sam-
meln und zu braten); es fällt mir schwer. heute
morgen, weisst du, hab ich oben am berg wasser
von einer quelle geschöpft und an dich gedacht;
es ist noch immer selbstverständlich, dass es in
mir drinnen nach dir fragt, manchmal mit einer
melodie, manchmal mit einem gedicht in sperri-
gen phrasen … beantwortet das deine fragen?

es ist zeit wegzuziehen, die schritte nachzuvoll-
ziehen mit bedacht, die so unbedacht gewesen
sind – wann hat man schon den mut, nach zehn
jahren noch einmal anzufangen? bedenken. be-
wahren. behutsam bleiben. achtsam sein … wie
wichtig mir die worte waren. wie wenig ich ver-
stand von dir und von mir

mensch, so viel leben haben wir gelebt, so viel
leben. und heute suche ich immer noch die reste
von erinnerung – das ist kaum vorstellbar, nicht?
du bist mir zu einem gefühl geworden, dem die
bilder fehlen, voll glück, mund und augen, voll
feuer, zunge, glut und schnee und eine welt von
schmerz

so schreib ich an dich in den raum hinaus, in dem
die persönlichen worte unfindbar geworden sind;
es muss gesagt sein, laut und ohne ausflucht: du
fehlst mir heute wie du damals fehltest, als ich
nicht lieben konnte, weil ich auf suche war nach
einer vergangenheit, blind gewesen bin, taub, ver-
loren und verzweifelt im suchen nach mir selbst;
du bist nie schuld gewesen. du warst der einzige
grund für mich zu überleben. beantwortet das dei-
ne fragen?

mensch, so viel leben war dort unter unserer
thymiansonne, unter unserem lavendelmond, so
viel dankbares leben


[ das ist der regen, nicht der krieg ]

Samstag, März 22nd, 2008

und dann habe ich ihm geschrieben, ob ich vielleicht
seine beerdigung verpasst hätte, sagt er und lacht
ein rollendes lachen. dann ein schluck aus der bier-
flasche, dann ein langer zug aus seiner zigarette und
noch einmal rollen töne nach, tief von unten herauf

glaubt mir, da habe ich mich zuhause gefühlt, habe
die decke fester um mich geschlungen und ihn ange-
schaut dabei, während draussen der schwarze regen
gegen die scheiben hämmerte, zorniger regen, erste
frühlingsflut, unsichtbar darüber der silberne mond


[ sechsundneunzigster tag ]

Mittwoch, März 19th, 2008

das kind hat einen namen bekommen – ein etikett? –
und einen sanften stoss: nun geh alleine weiter

ich geh (mit dank, mit mut, mit hoffnung im gepäck)

das draussen macht ein wenig angst, die angst ein
wenig müde; aber es ist meins: ende und anfang


[ dreiundachtzigster tag (II) ]

Sonntag, März 2nd, 2008

„es ist tatsächlich so: musik verführt; aber vielleicht
verführt sie eben die falschen. ich verliebte und ent-
liebte mich in der folgezeit reichlich, wahrscheinlich
stets auf der suche nach ihr, einem stück ähnlich-
keit hinterhersehnend, immer wieder enttäuscht und
ernüchtert. jahrelanges träumen von wiederfinden
und abschied macht müde; traurig. sie fehlt mir ewig
in allem. und so billig das klingen mag: sie ist meine
sonne, mein atmen und eben auch mein schweigen“


[ dreiundachtzigster tag ]

Samstag, März 1st, 2008

mein lebensbericht; angst und hoffnung. ist mein
leben zuende, wenn ich von ihm berichtet habe?

und ich fürchte, von dir erzählen zu müssen, vom
gefühl allein gelassen zu sein, von meiner suche
nach dir in all den andern

sag doch, wo bist du und wo warst du gewesen?