[ blühende landschaften ]

angesichts der durch papst benedikt, den zum
stellvertreter gottes empor gestiegenen hitler-
jungen ratzinger, angestrebten modernisierung
der kirche, die er mit 3000 experten anschieben
will, also einer neuen linie in der katholischen
kirche, die exorzismus für ein probates, ein mo-
dernes mittel hält, seelische probleme seiner
schäfchen angemessen zu behandeln, ist die
eindeutige ablehnung zu begrüssen, mit der
beim berliner volksentscheid die initiative „pro
reli“ scheiterte, die den religionsunterricht wie-
der zum schulischen pflichtfach erheben wollte

nein, sagten die berlinerInnen; oder genauer:
‚ja‘ sagten nur 14,2 prozent der berliner wahl-
berechtigten bei einer wahlbeteiligung von jäm-
merlichen 29,2 prozent. richtig gelesen: auch
das nicht hingehen ist eine möglichkeit der de-
mokratischen wahlfarce; abstimmen ist eh nur
drin, wenn es im und am system nichts ändert

es liesse sich an dieser stelle diskutieren, was
passiert wäre, hätte die initivative zur moderni-
sierung der schülerischen moral die hürde von
25 prozent aller wahlbeteiligten genommen; a-
ber ich wollte nicht die tauglichen mittel aus-
breiten, mit denen ein untauglicher unterricht
zerstört werden kann. ich wollte woanders hin
 

ich wollte meine verblüffung ausbreiten über
so viel wirklichkeitssinn, so viel nähe zum au-
genblick, den weitblick einer bevölkerung, die
’89 viel weniger von allem bewies, als sie mau-
ern bestieg, mauern einriss, von osten nach
westen und anders herum. hätte nur einer je-
ner grossstädischen alpinisten den plan vom
abbau des westens
ahnen können? waren die
lobgepriesenen ‚blühenden landschaften‘ ein
gar zu lockendes angebot, alles alte blind über
bord zu werfen – bis hin zur eigenen vernunft?
 

die landschaften blühen allenfalls auf bundes-
gartenschauen
, ansonsten ist der osten grau
geblieben. die anhaltende landflucht der bevöl-
kerung, von der besonders jüngere anteile mit
glatze und baseball-schläger ihre suche nach
geborgenheit und zukunft im rassistisch-natio-
nalen ausdrücken, ist zahlenmässig nicht mit
überdimensionalen schweinemastanlagen aus-
zugleichen. stattdessen zerstören sie (neu)
gewachsene wirtschaftsstrukturen der ums
überleben schuftenden kleinbauern, der hoff-
nungsvollen tourismuseinrichtungen und ganz
nebenbei zerstören sie die trotz vierzig jahre
planwirtschaft übrig gebliebenen reste von na-
tur, diese letzten ressourcen biologischen po-
tentials. lebenserhaltend und kulturfördernd
und zukunftsbildend sind weder freilandexperi-
mente mit gentechnik, noch atommüll-lager …

der osten deutschlands ist zum versuchsfeld
eines kapitalismus heruntergekommen, der im
westen nicht mehr den nötigen entfaltungs-
raum hat – und dort den widerstand fürchtet
 

aber zurück zum herz-erfreulichen: unserem
pontifex. seine altersfrische liebe zum exorzis-
mus ist vielleicht nur ein tölpeln in der traditio-
n
ellen reihe seiner berufenen vorfahren? das
wär allerdings schlimm genug. aber ganz unter
uns: der alte ist doch ein wenig ‚balla‘, oder?

nicht mehr ganz knusper. etwas schräg unter
seiner spitzen mütze, was? ja, haha. und die
bevölkerung eines landes, die sich erst vor-
schreiben lässt „wir sind papst“ und ihm das
dann auch noch hinterher jubelt, wo immer
er sich öffentlich entblösst … die ist es logi-
scherweise nicht minder: unerträglich blöde
 

mit welcher, welchem meiner linksradikalen
freundInnen teilte ich das bedauern: „dieses
land ist eigentlich stellenweise richtig schön;
wenn nur die leute nicht wären“ …? ach ja


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