[ tretbootfahrn ]

[ drama in fünf traurigen bildern ]


(im hintergrund eine schlossruine am bewaldeten berg-
hang, über der silhouette einer altertümelnden stadt
hängend. davor ein fluss, sanfte wellenstösse, brücken-
überspannt. frühabendsonne von rechts. drei enten, ein
schwan. im rücken des betrachters / der betrachterin
liegen uferwiesen)

– I –

gequälter blick, doch duldsam noch: kind strampelt tret-
boot wellenwärts, weissblau das boot, flussauf (nach
links)
. mama sitzt nebenan, sitzt rechts, sitzt unbe-
wegt bis auf die unablässig zermahlende spalte ihres
mundes. (immer schön in sichtweite der anlegestelle
bleiben. nichts riskieren. pass auf, ein schwan.) oder
aber sie gehört zur junggetrimmt-vorangelebten gene-
ration? gleichwohl erklärung wie entschuldigung wäre
dies für das kastanienhaar einer ausgelebten rapunzel


stimme aus dem off:
machen dauerwellen erbkrank?

– II –

zwei kinder knietief, ufernah in der kloakendünung wa-
tend. mama sitzt landwärts wachen blicks, erhöht. sie
ruft zur ordnung. sie gemahnt vorsicht. sie fordert rück-
sicht, sie fordert rücksprache ein. sie streitet nicht, sie
argumentiert, zuweilen durchaus etwas streng. sind an-
gedrohte zwänge liebevoller, ehrlicher als in-die-fres-
se-haun, frau ich-habe-meine-bücher-gut-gelesen? sie
schiebt ihre brille auf dem nasengrat aufwärts richtung
augenbrauen. auf einen ersten blick hin sah sie durch-
aus sympathisch aus

– III –

papa radelt. blauweiss, flussauf. sohnemann darf das
steuerrad halten und hält es stolz – bwoaah! – wie
manchmal an sonntagen in papas auto. der papa sorgt
dafür, dass seine richtung stimmt. doch beim verkehr
von vorn wirkt papas hohe stimme angestrengt, bis er
eingreift, endlich, das heisst: ins lenkrad. stille. ruhe …
und zurücklehnen. seine sonnenbrille spiegelt metallic-
blau; er sieht toll aus. so überlegen. da seufzen die
alleinerziehenden sitzmamas am ufer leise auf. ja, er
weiss das

– IV –

(ein rap)

kanonendampfer dampft flussab
einer von den schnellen
der macht wellen
dieweil ich starre
ganz bizarre
über das ufer hin
und ich sitz drin
arsch nass und das sackbüro
(block, stift, handy, usb)
taschentuch und hemd und buch
‚über die bildhauerei‘, hans wimmer (piper 1986)

– V –

papa am tritt, flussauf, weissblau. mama rechts neben-
dran, lacht vornüber. kind reisst rhythmisch am steuer-
rad. papa stur geradeaus. sein jägerblick schweift ab
und an über die uferwiesen, linkerhand. papa lacht nicht:
zurück in den hafen und schluss mit lustig. scheint nicht
die wellen zu bemerken, vor denen der/die betrachtende
– klug geworden – abstand genommen hat


(ein braunrotgelber vorhang fällt. kein applaus. b i t t e:
k e i n e n! applaus)


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