[ step away ]

heute beim aufräumen gefunden: dein brief an einen
gemeinsamen freund, den jener mir gab, anstatt ihn
fortzuwerfen

(nein, deine briefe darf niemand wegwerfen)

ich habe ihn gelesen

(aber ich verstehe ihn nicht. was wolltest du wirklich?
warum hattest du ihn geschrieben? du wusstest, dass
ich ihn – irgendwann – bekommen würde?)

es ist zu spät

beim forträumen in diese metallkiste, die die wenigen
gegenstände birgt, die mir wichtig blieben, schiebe ich
den brief zwischen fotos wie jenes von uns beiden, als
ich dich von der schule abholte. du hattest gerade dein
abitur gemacht. so hast du mich angelacht, genau so:
zufrieden. geschafft

auf der rückseite eines anderen steckt, in die rahmen-
leiste geschoben, ein kinderbild von dir. portrait in
schwarzweiss, und du schaust geradewegs in mich
hinein. wie immer. keine chance etwas zu verbergen

(heute gäbe es keine notwendigkeit mehr dafür)

zu spät

gestern nacht erst hier angekommen, hab ich das
gefühl weiter fahren zu müssen, deinen blick zu
vergessen


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