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[ später winter ]

Montag, Januar 24th, 2005

über nacht hat er sich hingeworfen, weiss und kalt
und quer in alle wege, als hätte er gewusst, wie ich
zu quälen bin, am härtesten: mit eigner ungeduld

von einem sommer habe ich geträumt, dennoch
– vielleicht deshalb -, der in der fernen zukunft schon
vergangen lag, der nur im träumen so, mit der
besetzung und auf dieser bühne zu erleben
ist: im schlaf

wir haben heu geerntet dort, wo niemals heu zu
ernten war und es war spät bereits, ein wetter
drohte, doch wollten alle hände fort zu fernen
zielen. so blieb ich, bot mich an, mein reisen zu
verschieben um den einen tag, damit das
notwendige getan, das gras gerettet werden
konnte vor dem regen. zum ersten mal seit
jahren sprachen wir, die mutter und der vater
und ich selbst ganz ohne zorn, offen, bar des
misstrauns, bar der schuldverweise; nein, kein
hader zwischen uns

wo du gewesen bist, ich kann es nicht mehr
sagen – du warst; nicht irgendwo zu sehen und
zu nennen, nein, du bist gewesen, du warst der
traum, du warst das heu, zum trocknen auf-
geworfen über reutern aus holz, die furcht vorm
sommersturm warst du und auch mein bleiben

eine frage bricht die nächste auf, die nächste noch
und wieder und erneut, so war es all die jahre: wo
bist du gewesen und weshalb?

dass dieser späte winter hingeweint, in meinem
traum entstanden und herausgeschneit, ist nun
gewiss: ich kenne dich. ich weiss den klang der
tränen in der nacht, als ob es gestern war – so leise
fällt der schnee, er spricht. nein, glaube mir: ich hab
gelernt, die spur zu finden, um in ihr zu lesen