Archive for 2009

[ brief an d. ]

Samstag, April 25th, 2009


„Zum ersten Mal leidenschaftlich verliebt zu
sein, wiedergeliebt zu werden, war anschei-
nend zu banal, zu privat, zu ordinär: es war
kein geeigneter Gegenstand, mir zum Univer-
sellen Zugang zu verschafffen. Eine geschei-
terte, unmögliche Liebe dagegen gibt edle
Literatur. Ich fühle mich wohl in der Ästhetik
des Scheiterns und der Vernichtung, nicht in
der des Erfolgs und der Bejahung.“

andré gorz: brief an d., rotpunktverlag (2007)


[ übersetzerIn gesucht ]

Dienstag, April 21st, 2009

sage ich: übersetzer? übersetzerin? meine
ich doch: wortklauberIn mit lyrik im herzen
 

nein, ernsthaft: ich suche den/die fremd-
sprachlerIn, der/die meine chansons ins
englische oder ins französische überträgt

geld hab ich keines zu bieten; vielleicht
irgendwann. aber ruhm wird es so viel
geben, wie wir gemeinsam verdienen

ich warne die leichtsinnigen: das ist har-
te arbeit, die nur mit intensivem kontakt
zwischen autor und übersetzerIn funktio-
niert. das heisst: wir müssen uns mögen


[ heute: konzert auf’m acker ]

Freitag, April 17th, 2009

freitag, 17. april 2009
„konzertlesung zum via campesina aktionstag
ehemalige schweinemastanlage bei alt-tellin
17126 neu plötz
( link: google maps )
( programm )
beginn: 20:00 uhr  


[ 2009. peryton reloaded ]

Montag, April 13th, 2009

es ist geschafft, was mir jedes mal so schwer fällt:

das programm für 2009 ist entschieden. wie stets
ist es eine mischung aus alt und neu, aus den be-
kannten „schlagern“ und unbekannteren, aus neu-
en texten und aus stücken, vor denen mir schon
beim proben gegraut hat, weil ich mich immer und
immer und immer an den gleichen stellen verspiele

wenn meine finger, die hände schon bereit wären
ihre arbeit zu tun, könnte ich also ganz entspannt
den kommenden konzerten entgegen sehen …


[ frühstück bei tiffany II ]

Samstag, April 11th, 2009


„Immer brachte er so etwas mit heimge-
schleppt. Einen Habicht mit geknicktem
Flügel. Einmal eine ausgewachsene Wild-
katze mit einem gebrochenen Bein. Aber
man soll sein Herz nicht an solch wildes
Zeug verlieren – je mehr man das tut, de-
sto stärker werden die. Bis sie stark ge-
nug sind, um davonzulaufen, fort in den
Wald. Oder auf einen Baum fliegen. Dann
einen höheren Baum. Dann den Himmel.
So wird’s zum Schluss ausgehen, Mr. Bell.
Wenn Sie Ihr Herz an solch ein wildes Tier
verlieren. Dann schauen Sie zum Schluss
hinauf in den Himmel.“ (…)
    „Wollen wir dem Dok auch Glück wün-
schen“, sagte sie und stiess ihr Glas gegen
das meine. „Viel Glück – und glaub mir, ge-
liebter Dok, es ist besser zum Himmel hin-
aufzuschauen, als dort zu leben. Welch
leerer Fleck, so unbestimmt. Nichts als ei-
ne Gegend, wo es donnert und Dinge hin-
einverschwinden.“
– truman capote (1958)


[ frühstück bei tiffany ]

Freitag, April 10th, 2009


„Ich habe eine Erinnerung, viele Tage, da
und dort, mit Holly verbracht zu haben, und
es stimmt, wir sahen zwischendurch eine
rechte Menge voneinander, doch im ganzen
betrachtet, ist die Erinnerung falsch. (…)
    Wenn es nicht Donnerstag war, ihr Sing-
Sing-Tag, oder wenn sie nicht im Park aus-
geritten war, was sie gelegentlich tat, war
Holly knapp aufgestanden, wenn ich heim-
kam. Manchmal hielt ich dort an und teilte
ihren Aufweck-Kaffee mit ihr, während sie
sich für den Abend anzog.“
– t. capote (1958)
 

seit wir wieder miteinander reden, lese ich
deinen blog nicht mehr, sagt sie
was???
naja … jedenfalls nicht mehr regelmässig
 

mir fällt nur schweigen ein; aber wer den
wermut liebt, mag auch seinen geschmack


[ wo rauch ist. eine heimatgeschichte ]

Mittwoch, April 8th, 2009

vorsatz

wenn es brennt, irgendwo, muss auch ein
feuer sein. manchmal ist es ein akt der not-
wendigkeit, die flamme zum rauch zu tragen
 

kapitel eins

die geschichte beginnt damit, dass in irgend-
einem restaurant der hauptstadt, allerdings
einem restaurant gehobenen niveaus, eine
zigarette verglomm. ein am nebentisch sitz-
ender gast begann erst nach der ursache
des rauchs zu schnüffeln, dann energisch
nach dem personal zu winken, damit dies ü-
bel umgehend abgestellt werde. ein kellner
entfernte augenblicks die quelle der störung

er war ein wenig irritiert, weil keiner seiner
gäste jener einsam glimmenden zigarette
zuzuordnen und weil ein solch ungehöriger
vorgang ihm bislang nicht untergekommen
war. schliesslich galt ein per gesetz verord-
netes rauchverbot zum schutz der volksge-
sundheit und der allgemeinen arbeitsfähig-
keit. doch war die glut bald gelöscht und
mit der zufriedenheit des gastes auch für
den kellner die ordnung wiederhergestellt

erst als dieser vorfall sich andernorts wie-
derholte, als er wie ein ahnungsvolles glim-
men um sich zu greifen, als kein ort öffent-
licher begegnung von jener unverfrorenen
grenzüberschreitung mehr verschont zu blei-
ben schien, da wuchs unsere geschichte
vom gerücht zur grellen schlagzeile heran

als selbst gut gesicherte räumlichkeiten wie
museen, katasterämter, polizeistationen und
– gleichsam der gipfel an dreistigkeit – die
kantine des bundeskanzleramtes betroffen
waren, ohne dass je eine verantwortliche
person hätte benannt werden können, be-
gann eine landesweite fahndung unter zu-
hilfenahme aller verfügbaren sicherheits-
kräfte und unter ausschöpfung sämtlicher
rechtlichen möglichkeiten. das staatliche
fernsehen brachte sondersendungen, zeit-
gleich über den rundfunk ausgestrahlt, in
denen zahllose experten gleichlautende
appelle an die rechtschaffene bevölkerung
formulierten, sie forderten zur mithilfe auf
und die härteren strafen für den fall, dass
 

kapitel zwei

der innenminister erhob sich an jenem mor-
gen missgelaunt vom frühstückstisch, liess
sich stöhnend in seinen rollstuhl fallen, der
ihm seit jahren ein ebenso bequemer wie
unangreifbarer verkündungsort hasserfüll-
ter reden war, zum wohle des volkes und
zu seiner allumfassenden sicherheit. er griff

zum telefon. wenige stunden später sass
der innenminister in gemeinsamer runde
mit dem bundespräsidenten, der kanzler-
in, dem verteidigungsminister, führenden
köpfen aus regierung und opposition, so-
wie ausgewählten vertretern von staats-
sicherheit und bundesnachrichtendienst
in einem abhörsicheren konferenzraum im
kunstlichtgebleichten keller des regierungs-
bunkers: eine sonderkommission hatte ihre
arbeit aufgenommen, den widerstand ge-
gen die grundfesten des demokratischen
miteinanders zu bannen und zu brechen
 

kapitel drei

acht tage danach schlägt eine afghanische
widerstandsrakete russischer bauart mitten
hinein in ein kleineres armeelager, am rand
eines baumwollfeldes gelegen, irgendwo
im fruchtbaren grenzland zu tadschikistan

die handvoll staubgrauer zelte verdampft
binnen augenblicken; der explosionslärm
ist leiser, als der tiefe krater, der danach
zu bestaunen ist, vermuten lässt, werden
später einheimische bauern berichten, die
in grösserer entfernung augenzeugen des
geschehens waren und überlebt hatten

die bundeskanzlerin und der kriegsminister
waren zu einem überraschenden besuch an
die front geflogen und hatten zum zeitpunkt
des raketenanflugs staubige reihen schwitz-
ender soldaten abgeschritten zum zeichen
patriotischer wertschätzung und zur ehre

der grosse blitz aber verschlingt alles, lässt
nichts übrig, nichts von wert, jedenfalls, was
zu schätzen gewesen wäre, ausser weni-
gen metern verwackelten films, aus grösse-
rer entfernung aufgenommen, versteht sich
 

nachsatz

die geheimnisvollen rauchanschläge sollen
seitdem aufgehört haben, erzählt man sich

aber ich zögere, dies zu glauben; vermut-
lich wird einfach nicht mehr davon berichtet


[ scherenschnitte ]

Donnerstag, April 2nd, 2009


 

kennst du mich? weisst du von mir? willst
du dich weiter täuschen oder soll ich …?

die alten plätze einzunehmen bedeutet
nicht zwingend, dass alles genau so, wie
bekannt, weitergeht. ich nehme also ein
und bin überrascht, weil eintrifft, womit
ich doch gerechnet habe: es geht nicht

(wenn wir die chance ergreifen, können
wir alte sphinxe von ihren morschen sok-
keln schubsen und uns befreien; zurück
ins leben gehn, meine ich, nicht umkehr)

scherenschnitte: leer fühlt sich mein kopf
an; die überraschung macht gefühl, aber
keine kunst. noch sind mir die hände so
fremd wie … die alten orte mit den alten
leuten, die dich lieber vergessen hätten

kleider machen leute, sagt ihr? gut, es
sei; ihr werdet euch auf den leim gehen
 

foto: scherenschnitt/farbenleere III
aufnahme: lu. kiel, 31. märz 2009


[ farbenleere II ]

Mittwoch, April 1st, 2009

es sei ein farbiger abend, sagte sie, doch
hier, zwanzig mitfahrgelegenheitseuronen
entfernt, gibt es keine sonne, nur graues

und der nachbar, den ich im vorbeirennen
fragte, ob er nicht besser hätte nachfra-
gen sollen, was an den ihm zugetragenen
gerüchten sei, wollte lieber glauben, was
ihn weniger beunruhigt: das gewohnt-alte

(womit er ganz bestimmt auf der sicheren
seite steht, weil er’s bloss macht wie alle)

farbenleere: in meinem kopf ist der flanger
‚on‘. du fehlst mir heute besonders, sage
ich, und: angriff ist die beste verteidigung

womit ich wie stets das sprechen meine
und niemals die schlacht; ich weiss, dass
ich mich so als altmodisch oute. na, und?


[ farbenleere ]

Samstag, März 28th, 2009

also mache ich doch noch einen termin
für april klar, schliesslich muss die arbeit
irgendwann weiter gehen: „die gage? …
ja, ist gut. dann gibt’s ein vollprogramm“

wer bislang noch glaubte, ich würde stets
aus reinem idealismus heraus handeln, ist
damit des besseren (schlechteren) belehrt

(wobei mir wieder das gespräch mit jenem
schwarzkapuzten einfällt, der darauf beharr-
te, kunst müsse (ihm) stets kostenlos ange-
boten werden. da wurde ich richtig sauer)

farbenleere: die töne entfliehen ihren melo-
dien, träumen sich, schweigen in den mor-

gen, schweigen mit dem gedanken, sie
festzuhalten; zu früh, mehr zu entdecken


[ last call ]

Freitag, März 20th, 2009

„wie gehts dir? ich hoffe, besser“ … „möge die
behandlung erfolg bringen, um dich wieder zu
hören“ … „Alles Gute und gute besserung und
knutschknutsch“ … „Wünsche weiterhin gute
besserung“ … „ich wünsch Dir dass dort ein
Weg zur Heilung gefunden wird!“ … „Sei lieb
gegrüßt und werd gesund verdammt nochmal!“

 

dieser letzte kalendarische wintertag roch nach
altem stroh, gestampftem lehm und ausgetrun-
kenen gräben, kibitze taumelten in der nachmit-
tagssonne, der abend geht verschleiert in rubin

ich sitze, liege, stehe, bewege die knarrenden
knochen in neuer freiheit. auf geht’s, sag ich, ihr
habt was zu tun
. und schaue richtung frühling


[ previously ]

Samstag, März 7th, 2009

previously on battlestar peryton: bor-
relian attack on art work headquarter

powerful strike-back with chemical
weapons has started one week ago

(to be continued …)


[ zimmer mit aussicht ]

Donnerstag, März 5th, 2009

zweihundertsechzehn, fensterplatz. kein
drängeln, kein zögern, den nehm ich. zim-
mer mit betonbalkon, aussicht aufs meer

aber wer will das schon: blick ins trüb-grau-
öde, ohne horizont. ein ferienparadies für
kurzsichtige, lebensmüde und seekranke

ich?

nein; ich bin wegen meinen händen da


[ frühlingsfarben. gelb ]

Mittwoch, Februar 25th, 2009


 

foto: kiel, 06.02.2009


[ winterbrachen III ]

Dienstag, Februar 24th, 2009

wie es mit s. weiterging? er lief der sonne ent-
gegen, bis ihm langweilig wurde, vielleicht, o-
der bis sein mut ihn verliess, die sehnsucht ihn
leise zurückrief; niemals werden wir es wissen

ich glaube, wir hatten glück und es ging seinen
normalen gang: wer gehen kann, kommt wieder

manchmal


[ winterbrachen II ]

Montag, Februar 23rd, 2009

wer hatte zuerst gesagt, dass wir zum strand
gehen? weiss nicht mehr; jedenfalls waren
wir bald darauf unterwegs, in arbeitsklamot-
ten unsonntäglich gekleidet, die nahe ferien-
siedlung war wintertot, winterfahl, winterstill

vor einem grauen haus erstarrte grusslos of-
fenmäulig eine graue frau, in der erhobenen
hand eine graue plastikschaufel. wir klapper-
ten vorbei. sperrschilder schlossen uns aus

dann waren wir schon über den deich gestie-
gen, am meer: sand, dem du das salz anse-
hen kannst. bleiche muscheln und faulender
tang. s. zog den scharfen wind in geweitete
nüstern, liess sich zu boden sinken, wälzte
sich, sprang auf, riss sich los und lief davon

wer hatte zuerst gesagt, dass wir zum strand
gehen? weiss nicht mehr; jedenfalls waren
wir dort angekommen und ich weiss, wie sehr
du dir gewünscht hattest, dort mit mir zu sein

bald; bald brechen wir die winterbrachen auf


[ herbstfarben. gelb III ]

Sonntag, Februar 22nd, 2009


 

foto: friedrichshafen, november 2008


[ winterbrachen ]

Samstag, Februar 21st, 2009

natürlich ist auf den wetterbericht genauso ver-
lass wie auf die guten freunde, die dich in ruhe
lassen, wenn du darum bittest; sie lassen nicht

heute scheint die sonne also dennoch: über den
wolken die silberne scheibe. ich bilde mir ihre wär-
me ein. lasse die hände ins fell sinken. lausche

den wildgänsen auf der brachen koppel neben-
an, schaue weg, als sie durch meinen blick be-
unruhigt scheinen. erholt euch, hände, sage ich

und bin überrascht, wie traurig mich das macht


[ herbstfarben. gelb II ]

Dienstag, Februar 17th, 2009


 

foto: friedrichshafen, november 2008


[ pausentag III ]

Montag, Februar 16th, 2009

leute gibt’s, die können dich mit fast nix aus’m
leben hauen. und andere, die gucken dabei zu;
obwohl sie mit fast nix das hätten verhindern
können. das macht mir einen pausentag, heute