[ katze im glück ]

Dezember 11th, 2019



aujourd’hui, je vous présente un chat noir: zizou ! er ist
schwarz. (naja, fast überall.) er ist schüchtern. ausser es
geht um’s essen. dann wirft er sich in deinen weg, dann
drängt er sich in den vordergrund, jegliche zurückhaltung
vergessend. mit einer handvoll schiesst man ihn ins glück


foto: chat dans le bonheur
autignac, 11. dezember 2019

[ béton II ]

Dezember 10th, 2019



„(…) je ne pense pas que ça marche (…)“


jene poststelle, die wenige minuten vorher geschlossen
hatte, als wir gestern abend hinsausten, ist seit heute
endgültig zu. betrieb eingestellt. nächste möglichkeit
drei kilometer weiter in lamalou, solange bis bei der post
in bédarieux die „traveaux urgents“ abgeschlossen sind

in lamalou habe ich zum ersten mal verstanden, weil mit
eigenem auge gesehen, warum „normale“ briefpost als
„s-mail“ oder „schneckenpost“ bezeichnet wurde. das
in-zeitlupe-bewegen ist eine grosse kunst, die hier
meisterlich vorgeführt wird. laden brechend voll, zwei
klimaanlagen auf anschlag hochgedreht lassen in den
ecken formulare aufwirbeln und die angestaute geduld
ist schon zu riechen. dann … diese kunst. meisterlich

als der für mich zuständige gemessen seinen abgesenkten
blick vom tresen hochschraubte, um mir mitzuteilen, dass
die eine rechnung, die meine „attestation d’hébergement“
bestätigen sollte, zu alt, weil aus dem juni sei, ich schon
anfing, meine lungen mit luft vollzupumpen, wandte er
sich brummend ab, entliess mich mit einer geste. etwa so


nachtrag: es gibt wunder und sie geschehen nicht in lourdes
oder wo auch immer behauptet, nein, es ist la garde. mein
brief mit der bankkarte wurde in la garde ausgehändigt und
ist nun quasi auf dem weg zu mir. nach viereinhalb monaten
endlich die kontokarte. stetes klopfen höhlt auch hier beton


foto: la mare zwischen bédarieux und hérépian
10. dezember 2019

[ béton ]

Dezember 9th, 2019



„ce matin, j’étais à la poste à bédarieux. mais, merde, (…)“


„heute vormittag war ich bei der post in bédarieux. aber
scheisse, sie war ausser betrieb und gerade auf die andere
seite von bédarieux umgezogen. dort aber verwies man mich
an die für bankangelegenheiten zuständige postfiliale, die
sei nur zwei, drei kilometer entfernt. dort, wiederum, war
man interessiert – nachdem ich ein paar versteckte hürden
überwinden konnte, um einzutreten. unglücklicherweise war
man nicht in der lage das dokument, das meinen wohnsitz
bestätigen sollte, anzuerkennen, weil es bei der post dafür
ein eigenes formular gibt. und man begann, in irgendwelchen
schubladen danach zu suchen. schliesslich gab man mir ein
formular, mit dem du wenigstens das einschreiben mit meiner
bankkarte in la garde abholen könntest. das hier ist es. aber
ich bezweifle, dass man es dir geben wird; auf dem formular
steht meine aktuelle adresse, auf dem bankbrief meine alte
in le pradet. könntest du es vielleicht trotzdem versuchen?“


foto: béton. hier kriegt man alles geregelt
bédarieux, 09. dezember 2019

[ près de rien ]

Dezember 8th, 2019



auf felsigen hügeln wird der wein kultiviert. braches
land ist mediterrane macchie. steineichen, grüneichen
und esskastanien. uralte steinmauern, aufgeschichtet
aus grauem schiefer, parzellieren das land in terrassen

autignac (bildmitte rechts, hinter dem wasserturm aus
grauem beton) liegt öde unbewegt am rand von nichts


foto: le maquis en haut faugères. blick nach südosten
08. dezember 2019

[ la grève générale ]

Dezember 7th, 2019



béziers. die hiesige demonstration zum generalstreik. beindruckend

foto: manifestation de grève générale
béziers, 05. dezember 2019

[ die blaue lagune ]

Dezember 2nd, 2019



foto: hier ist nur noch abschiednehmen
le pradet, 02. dezember 2019


„Achselhöhle? Knie?
Wo sind die 🔔🔔?
Haha 😁“


„na hör mal. hier ist doch nicht ‚die blaue lagune‘

ps:
um missverständnissen vorzubeugen (ich bekam jetzt
schon einiges zu hören): das ist weder mein „fetter
hintern“, noch meine „fette plauze“ (zitate!!), sondern
nur mein wohlgeformter bizeps, verdammt!!

[ … und heute eine postkarte ]

November 28th, 2019



jetzt überstürzt sich alles. nach einem guten dutzend emails
und telefonaten ist das „geht-gar-nicht“ über „geht-so-nicht“
und „geht-frühestens-in-4-wochen“ zum „dann-jetzt-sofort“
verändert. die französische bürokratie ist ein seltsames viech

das heisst: ab sonntag arbeite ich am rande der cevennen

schreit sowas nicht nach einer postkarte? ja: abendstimmung
mit schiffchen. dies wird meine letzte nacht hier in la seyne

foto: abendstimmung mit schiffchen
la seyne sur mer, 28. november 2019

[ irgendwas persönliches ]

November 27th, 2019



„erste hürde: die felsenpassage. aber aufgeben ist ja
nicht mein ding. (ich hab fotos gemacht, kriegst du
später.) zweite hürde: bei diesen wellen ins wasser. (ich
hab fotos gemacht, kriegst du später. ;)) das hat echt
was von ins-wasser-gehen. kaum war ich wieder
draussen und abgetrocknet, beruhigte sich das meer. ist
irgendwas persönliches zwischen uns, glaube ich.“


foto: irgendwas persönliches
le pradet, 27. november 2019

[ un véritable dimanche ]

November 24th, 2019



ein echter sonntag, wenn doch die sonne rauskommt, einen
augenblick lang, und einen horizont hinzaubert wie gemalt

der hinweg über eine schmale uferpassage wird von brechern
überschwemmt. den takt mitzählen und dann über die felsen
springen. zu früh, und zack! ins knietiefe wasser. gleiches
wird mir auf dem rückweg noch einmal gelingen, als ich schon
glaubte, schlauer geworden zu sein. ja, hier bin ich zuhause

als ich unvermittelt über die sandkante rutsche, zieht mich
eine zurücklaufende welle meerwärts. mit vier, fünf zügen
gewinne ich wieder boden und stürze mich zurück ins seichte

so ist die mareen gestorben, denke ich, und: dankeschön, ich
will hier nur kurz baden

danach ist jedesmal wie neu geboren. angelandet in der welt

„est-ce froid?“ fragt plötzlich jemand neben mir, der mich
wohl noch vom sommer kennt. „non, vraiment merveilleux.“


foto: un véritable dimanche
le pradet, 24. november 2019

[ weihnachtsmarkt ]

November 23rd, 2019



die eröffnung des weihnachtsmarktes wurde wetterbedingt um
eine woche verschoben. der advent soll unverändert stattfinden

gäbe es eine gesetzliche regelung für weihnachtsstimmung, wär‘
sie hier verordnet. der fraternität wegen und wegen des guten
geschäfts. der weihnachtsmann sitzt in seiner hütte bereit, fertig
zum anfassen und zum kostenpflichtig fotographieren. halleluja!

schnell vorbeifahren reicht, denke ich, schnell genug, damit
nicht am ende noch etwas herüberspringt, so eine art ätz, der
die lebenslaune wegbrennt wie leischmaniose deine haut, passt
du nicht auf. im land der toleranten bleib ich gerne unberührt


foto: weihnachtsmarkt
la garde, 23. november 2019

[ gegenüber: le pradet ]

November 20th, 2019



gegenüber von la seyne sur mer, am gegenüber liegenden ufer
der bucht, liegt der strand von le pradet, der seit den stürmen
dieses herbstes zur hälfte von den wellen weggefressen wurde

hier habe ich ein paradies gefunden. ja, zugegeben, zu einem
paradies gehört mehr als eine schöne landschaft. mehr als ein
angenehmes klima und eine mich faszinierende vegetation. da
gehörte vieles geändert, auch hier. die armut ausserhalb der
mauern und zäune der residenzen, die dreiste bürokratie, die
permanente kontrolle – überall! -, und die unachtsamkeit, alles
niederwalzend. und immer wieder diese narzistische dummheit

anfangs glaubte ich, all dem entkommen zu sein; naiv war’s. nie
entkommst du der dummheit, schon gar nicht der eignen. und
dennoch habe ich hier mein schönstes jahr verbracht. da unten
am strand liegend, meist, die nase in den büchern, zaghaft erste
freundschaften schliessend, ängstlich stotternd und ringend um

worte


foto: la plage du monaco
le pradet, 02. dezember 2019

[ le port ]

November 19th, 2019



die wochentage verbringe ich meistenteils in la seyne sur mer

in einer provisorischen schule für migranten versuche ich
schnellstmöglich mein altes schulfranzösisch zu aktivieren
und mehr. schliesslich will ich hier bleiben. um frankreich
zu geniessen und die stirn zu bieten, braucht es doch mehr
als seinen namen fehlerfrei zu buchstabieren. an diesem mehr
scheint dieses system nicht interessiert. das oben und unten
ist hier klar definiert. unten bleibt reserviert für die migranten

abends: am hafen. mein basislager zwischen autowracks und
automobilen notunterkünften wohnsitzloser oder fischer. die
nächte sind laut und kurz, wenn im sommer auf dem sandplatz
pétanque gespielt, getrunken, geliebt und auch gestritten wird

heute geht der blick über die bucht bis nach toulon, auf den
grössten militärhafen europas. es ist doch eine schande, wie
einfach es einem regenbogen gelingt, das allzu hässliche zu
überstrahlen. und es brauchte hier wahrlich viele regenbögen


foto: hafen, blick auf toulon
la seyne sur mer, 19. november 2019

[ wind von süd ]

November 19th, 2019



am samstag bin ich hier noch hineingesprungen. todesmutig
obwohl der wind eisig war. am sonntag schlug er dir alles um
die ohren, was nicht fest genug angenagelt war. und dieser
wind kam auch nicht von süden herauf, das war glatt gelogen

auf einmal ist der sommer vorbei. ich muss abschied nehmen


foto: la plage du monaco
le pradet, 17. november 2019

[ … und dazwischen ein sommer ]

Oktober 6th, 2017


 

da schau her: ein fröhliches bild. ohne einen
hinweis per email hätte ich das natürlich nie
gefunden (vielen dank, hanna!). und zwischen
eingang und lesen verging ein ganzer monat
 

überhaupt. war da nicht ein sommer gewesen?
 

nein, hanna hat sich selbstverständlich nicht klein
kriegen lassen und nein, mein brief an n. wurde
nie geschrieben. all das nicht getane habe ich
mir grossmütig entschuldigt mit allzu grosser
müdigkeit. es bleibt zu hoffen, dass alle zu kurz
gekommenen dies mir ebenso entschuldigen

und es bleibt zu hoffen, dass ihr alle damit
ebenso unzufrieden seid, wie ich es selber bin
 

an dieser stelle müsste nun eine kategorische
erklärung folgen, die eine gewisse bedeutung
hätte, eine über mich hinausweisende bedeutung
selbstverständlich, mindestens eine ankündigung
 

folgt heute aber nicht. mein pathos ist alle
 

foto: super-hanna, posierend, vor ihrem einzug in den knast
(sie wird mich dafür hassen)
hildesheim, 11. mai 2017
– erschienen in der hildesheimer allgemeinen; deren
einverständnis zur abbildung wird hier vorausgesetzt –


[ ein knall – und dein staat ist raus ]

Mai 28th, 2017


 

heute ist post-tag. ein brief war unter meine
türe im basislager geschoben, der andere
im vernachlässigten elektronischen postfach
 

der erste: von häftling #277/17/0, „draussen“
bekannt als hanna poddig. ich lese ihren brief
und werde so wütend, dass ich hier zur revolte
aufrufen will, wohl wissend, dass die zeit der
progressiven revolutionen in deutschland noch
nie gekommen war. bislang bereichert dieses
öde land mit armhochreissern, zäunebauern und
– dies meisterlich! – mit totschlägern die welt

der zweite: von n., aufgehend im universum der
erwartung, der ungeduld, dabei ein wenig be-
sorgt, wie mir scheint. müde freude, lese ich
und freue mich herzlich mit, selber müde von
der vorsommerlichen glut eines tages am meer

da gehe ich mit i. zur gemeinsamen mikrowelle
in der schraddeligen küche und brate meinen
niegelnagelneuen ausweis, bis der eingebaute
mikrochip in hellem knall auseinander platzt:
die hilfe zur selbsthilfe gegen überwachung
 

was dieses foto zeigen soll? aber … ist das denn
nicht klar und deutlich zu sehen? t., diesmal den
rücken erwischt, und n., der unverkennbar ganz
rechts aus dem bild entschwindet, weil meine
kamera zu langsam war. zwei fehlen, dies sei
nicht verschwiegen: neujahr 2017 an der küste
 

für heute gibt es auch nicht mehr zu sagen als:
„n., ich schreibe dir bald“ und „hanna, lass dich
von diesen staatswichsern nicht kleinkriegen!“
 

foto: suchbild
kalifornien, 01. januar 2017


[ grüsse aus der anstalt ]

Oktober 30th, 2016


 

gestern morgen beim einkleiden in ein dünnes
leichenhemdchen: ich durfte mit einem stift die
richtige – rechte – körperseite markieren für
den fall, dass der operateur ein rechts-links-ver-
wechsler sei. oder nicht genug zeit hatte meinen
beipackzettel zu studieren, dachte ich. oder
einfach zu müde war. ich entschied mich sofort
für die klare linie, ein schlichtes, überzeugendes
„x“; kein smiley, nein, kein scherzhafter phallus
impudicus. ausserdem bekam ich zum „engels-
hemdchen“ einen schmalen lappen gereicht, den
ich beinahe für eine letzte katzenwäsche einge-
setzt hätte. (besser, den herrn operatus nicht
olfaktorisch zu irritieren.) das fähnchen stellte
sich als grobmaschigsten hauch hocherotischer
genitalbedeckung heraus, derart transparent, dass
auf dieses textile paravant gewiss ohne einbussen
zu verzichten gewesen wäre. darum dies, mein
schlichtes „x“, in keinster weise missverständlich

zur beruhigung sein angemerkt, dass mir meine
rektale unerfahrenheit wohl schadlos erhalten
blieb. zumindest blieben mir verdächtige spuren
bislang verborgen. (ist die redewendung „was
ich nicht weiss, macht mich nicht heiss“
etwa
auch in ebensolch zwischenmenschlicher aus-
richtung zu interpretieren, herr doktor freud?)

ich trage nun – gefühlt – eine offene packung ra-
sierklingen im bauch, dafür ist mein rechter ober-
schenkel vollkommen taub. scheiss egal; auf das
bisschen sensibilität kann ich gerne verzichten!

auf dem weg abwärts zum operationssaal hin – ich
lag bereits rücklings und wehrlos auf einer roll-
bahre – meinte eine krankenschwester fröhlich:
„verraten sie bloss nichts von ihrem organspende-
ausweis. denen da unten kann man nicht trauen!“
 

heute. ich grüble über der frage, ob das aufwachen
aus meiner narkose nicht doch ein kunstfehler war

 

foto: 2 Uhr 47. der zimmernachbar spricht im schlaf
kiel, 30. oktober 2016


[ temporarily not available ]

September 2nd, 2016


 

zurzeit bin ich schwer erreichbar. weder
per telefon noch per email. ja, ich lebe
noch, wie dieses heimliche foto beweist

 

foto: kiel, 29. juli 2016
aufnahme: alex © 2016


[ work in process ]

Dezember 25th, 2015


 

nach dem absturz der webseite, des blogs und
des computers waren umbauten unumgänglich
 


 

der blog ist fast repariert, die webseite ist über-
arbeitet (und wird erweitert!), der computer hat
einen modernen kollegen bekommen, der die
zusammenarbeit mit daniel erleichtern wird …

es gibt sehr alte pläne, die ich noch nicht ver-
worfen habe und neue, von denen zu erzählen
ich mich noch nicht traue.      (to be continued)
 

foto: grässis werkbank am 19. juli 2015


[ C’est la guerre, madame et monsieur! ]

November 15th, 2015

auch in den zeiten des krieges ist dieses prinzip ebenso
dumm wie herzlos: „du heiliger sankt florian, verschon‘
mein haus, zünde beim nachbarn an“
. es brennt überall

mich machen alle toten und verletzten traurig. alle und
überall. in den zeiten des krieges schützen grenzen nicht

in kriegszeiten gibt es für krieger kein sicheres zuhause
 

über paris brach ein kriegerischer akt herein, der in den
kriegsgebieten fernab brutaler alltag ist. ein akt, der
jeden tag zu erwarten ist; in paris, in london oder berlin

„terror“ wird in paris das genannt, was soldaten aus den
europäischen herrenländern frankreich und deutschland
in sogenannte kriesengebiete exportieren. jeden tag und
mit billigung aller, die sich dagegen nicht zur wehr setzen
 

hat irgendwer übersehen, dass europa nach einem ersten und
einem zweiten weltkrieg nicht „zum frieden“ gefunden hat?
dass sich einstige gegner verbrüdert haben gegen neue?

hat irgendwer verschwiegen, dass getötet werden schmerzen
bereitet? dass gewalt gewalt gebiert? dass irgendwann mit
konsequenzen zu rechnen ist? mit gegenwehr? rache? oder
schlichtweg mit einem militärischen gegenschlag nach art
dessen, wozu deutsche „ksk“-soldaten hinter feindlichen
linien zu tun ausgebildet sind, banal gesagt, mit „terror“?
 

dies ist das schmerzvolle antlitz des krieges. es ist euer
krieg. wir können die grausame logik sofort beenden:
verzichtet auf rache, gewalt, militär, rüstung, vormacht
und auf religion. dann trauern und gehen alle gemeinsam

erst dann

 
 

[ es geht wieder los … ]

Juni 22nd, 2015

ja, es geht wieder los. allerdings nicht mit musik
und gesang und dem altbekannten kladeradatsch

diesmal mehr mit hinterhalt und hintersinn und
boshaftem vergnügen. mit fallenstellen und spott
und – garantiert! – keinem respekt vor alten hüten
und helmen, tressen und blödem ordensgeklapper

von jetzt an bin ich die motte im zwirn. die
soziale sabotage: „uniform sieht scheisse aus!“