Archive for 2005

[ pre-audio: weisst du ]

Sonntag, Dezember 11th, 2005

kurz vor der fahrt in den urlaub haben wir noch ein pre-
audio
hergestellt, schnell zusammengeschustert, mit
ein paar kleinen schnitzern und schnatzern, eben ein
noch nicht ganz fertiges stück, dennoch geeignet zum
vorhören und appetitmachen auf unsere neue platte, die
– ihr dachtet, ihr wüsste es längst, aber ihr werdet gleich
sehen, dass wir euch getäuscht haben – im frühjahr 2006
unter dem titel ‚139 … et un autre‘ erscheinen soll

gitarre (musima mhx 24n), pfeifen und zweiter gesang
(usha hoernes, kiel) wurden im frühjahr 2003 aufge-
nommen, der erste gesang im herbst 2005 nachgesetzt
 

‚weisst du‘ (premix 2005) (ogg; 3,3mb)


[ normale leute ]

Samstag, Dezember 10th, 2005


 

wie schön ist das leben. oder wie grau ein morgen

die scheiben waren beschlagen und ich spürte den
abstand zwischen uns wie eine fortgezogene decke:
bring mich traurig in den tag

es wird ein wenig sein wie gestern
 

foto: normale leute (II)
darmstadt, luisenplatz, 21. oktober 2004


[ tourette ]

Freitag, Dezember 9th, 2005

wäre es nicht einfach, einfach loszugehen? nein, sagt die inne-
re gesprächspartnerin, ist es nicht; und siehst du, schon wie-
der: du machst es eben immer so kompliziert

hinter den verstaubten scheiben von „peters treff“ blinkt eine
vorhanggirlande. weihnachten droht allerorten, sogar dort. die
obdachlosen halten ausschau schon nach den warmen in-
seln. und – weisst du noch? – hier sassen sogar wir einmal, wir
beide. silvester rückte zögerlich heran, es war so eisig, dass
meine füsse sicher ergeben mussten und um einkehr flehten, für
die dauer eines kaffees (oder so), eines tees (oder so), eben
etwas, das den lebenserhaltenden aufenthalt erlaubte, in der
tresengemeinschaft achtlos schlecht gekleideter, die tuschelnd
uns beäugten

aber jetzt ist anfang dezember (oder so), eine kahle mittags-
sonne schmeichelt dem ziegelrothässlich der hausfassade
nicht, scheint dezemberlich an den menschen vorbei, die in
autos vor der ampel sitzen, scheinwerfer eingeschaltet. draus-
sen ist stets weit entfernt

warum sich menschen hochhackige schuhe an ihre füsse bin-
den – frauen vornehmlich – mit denen jede bordsteinkante zur
hürde, jede gehwegmulde zur falle, jede kopfsteinpflasterstrek-
ke zum potentiellen live-end-point wird, werde ich, jeglicher
selbsttortour gegenüber tolerant, wohl nie verstehen. zumal
schweigend, mehrheitlich

du schmeichelst mir! befreit von allen regeln fegt ein fahrrad-
fahrer an mir vorbei über die rote fussgängerampel, quer
über die strasse davon, passantInnen mit dem ausruf schrek-
kend: du schmeichelst mir!

und doch: die sonne wärmt zart, als ich, stehen geblieben, sei-
ner wortspur nachlausche. es wäre doch so einfach, denke ich


[ manchmal … ]

Donnerstag, Dezember 8th, 2005


 

hey. bin gerade auf einen stapel wunderbarer fotos von dir
gestossen. gehts dir gut? ganz liebe grüsse von unterwegs

(manchmal fehlst du mir)
 

foto: baba jaga (IV)
darmstadt, 23. april 2005


[ und immer ruff uff die leiche ]

Mittwoch, Dezember 7th, 2005

nein, ich konnte ihn zum kotzen nicht ausste-
hen. dieses priesterliche pathos, dieses schnur-
deutschgezwungene reimen: widerlich. im alter
von achzig jahren ist er nun verschwiegen, der
‚kabarett-altmeister‘ hanns dieter hüsch


[ im focus: heinz wittmer ]

Dienstag, Dezember 6th, 2005


 

zu oft
brauchen wir
viele worte
um ein
ein einziges
zu sagen

freund
 

foto: im focus: heinz wittmer
heidelberg, 23. november 2005


[ libertär – oder: freiheit ist widerspruch ]

Montag, Dezember 5th, 2005

gesellschaftliche normen und ihre immanenten widersprüche
können aus allen teilen der bevölkerung heraus – nicht nur
priviligierten – ‚angegriffen‘, kritisiert und neu definiert werden

dies führt nicht zu chaos und zerstörung, sondern zu anar-
chistischer ‚ordnung‘ im sinne freiwilliger selbstorganisation
mit dem ziel gleichberechtigter gemeinschaft

der begriff der freiheit steht dabei stets im scheinbaren wider-
spruch zum kontext der sozialen bindungen. verkürzt dargestellt
heisst dies: freiheit ist widerspruch

freiheit ist streit. nur jene gesellschaft ist freiheitlich zu nen-
nen, die im offenen, im konstruktiven streit mit allen gliedern
bleibt

[ nachtfahrt ]

Sonntag, Dezember 4th, 2005


 

in der nacht nahmen wir die autobahn nach norden. kurz vor
der dänischen grenze wurde auf dem parkplatz einer raststätte
eine polizeikontrolle aufgebaut, durch die stunden später – wir
konnten es auf unserer rückfahrt von der gegenseite aus beob-
achten – der gesamte verkehr geleitet wurde. irgendwie sind
die verrückt geworden: deutschlands unart des jahres heisst
kontrollzwang

und mir war, als würde ich zu dir fahren. hinten im fond schlief
l. oder tat vielleicht nur so, resigniert vom tag. lichter zogen
vorbei wie bahnhöfe, das kaputte radlager klopfte wie eiserne
räder auf schienen, die mich zu dir brachten. du hattest am
bahnhof auf mich gewartet, spät war es geworden. wir stiegen
ins auto deiner mutter, kalt war es. fremd war es. schmerzvoll
war es gleich dem abschiednehmen. irgendwann spiegelt sich
das eigene gesicht in der scheibe, hinter der die zeit versinkt –

l. schlief noch immer oder tat vielleicht nur so. einen moment
lang fühlte ich mich wieder einsam. drehst du mir eine zigarette?
fragte c., warf mir seinen tabaksbeutel in den schoss, während
er mit einer hand krampfhaft das lenkrad umklammert hielt. wir
werden schon ankommen, dachte ich, irgendwann
 

foto: verwischte spuren
köln, 25. november 2005


[ post, nachgesandt und reklamiert ]

Samstag, Dezember 3rd, 2005


 


to: xxxx@xxxx.de
date: fri, 02 dez 2005 20:02:25 +0100
subject: reklamation: die eingescannte post. und nun?
reply to: info@peryton.de

sehr verwerteter herr heinl

da haben sie mir verschiedene scans geschickt, genauer
derer vier, die sich teilweise bis zur deckungsgleichheit
ähneln. jahahaaaaa, habe ich gelacht – sie auch, gell?

aber man muss ja froh sein, in diesen zeiten, wenigstens
ein bisschen freude und abwechselung zu bekommen und
wenn es auch nur dem riechen am trocknen korken gleich-
kommt, der liegen gelassen und vergessen wurde, lang
schon vergessen

ach, sie finden mich heute sentimental; aber so schnell
gerät unsereiner ins melanchole schwärmen, wenn die
erinnerung anklopft mit den elektrisierenden signalen, wie
ehdem die gestapo. wie – ein vergleich, der unbotmässig
sei? nein nein, reden wir doch von heidelberg und der
post aus dieser stadt an mich, davon, dass mir die stadt-
verwaltung droht, weil irgendwer mich denunzierte, ja, wie
eben damals, als mein vater noch … aber wenn ich das
laut sage, was ich denke, bekomme ich auch noch ein
verfahren an den hals, wie jener alte mann, der in heidel-
berg vor kurzer zeit noch das nicht legitime vorgehen
zweier polizisten mit denen in der nazizeit verglich. zack –
haben sie ihn angezeigt, wegen beleidigung

und wegen beleidigung soll ich ja auch drankommen
– was jetzt ein anderes thema ist, dennoch – weil ich zwei
polizisten fragte, was sie mit dem scheinbar angetrun-
kenen machen wollte, da vor diesem café. sie erinnern
sich, waren ja selbst dabei, am 08. 09. 2005 gegen
19:45 uhr, in der bergheimer strasse, als mein zeuge
– was für ein glück. denn weil der eine polizist mir, aus
seinem auto springend, ‚aufs maul hauen‘ wollte, habe
ich ihn später angezeigt, wegen nötigung. seltsam, dass
meine anzeige nun in der heidelberger polizeidirektion
verschollen sein soll, wie mein anwalt erfuhr, auch noch
nicht mal bearbeitet wurde. dagegen fiel den beiden po-
lizisten ein, ich habe sie beleidigt – sowas ähnliches wie
‚polizisten sind schw…‘ soll ich gesagt haben; aber das
sage ich jetzt besser nicht. weil, sonst … sie ahnen si-
cher, was sonst. als ob ein veganer tiernamen in verun-
glimpfender weise dedizieren würde …

aber was mach ich nun mit dem anschreiben der stadt-
verwaltung heidelberg? ich solle mich anmelden, wo ich
doch gar nicht da wohne, wo das also gänzlich ohne
gegenstand ist und mir – verzeihen sie die grobe wahl
der worte – am arsch vorbeigeht, wie der letzte kaiser?
soll ich den trotteln hinterhergehn, nur weil jene losge-
laufen sind? – ach, nichts läge mir ferner

nachdenkliche grüsse sendet ihnen von unterwegs:
 

peryton


[ email von peryton, hochbesorgt ]

Freitag, Dezember 2nd, 2005


to: xxxx@xxx.net
date: wed, 23 nov 2005 21:30:56 +0100
subject: an den r. …
reply to: info@peryton.de

… um den ich mir rechte – nein, natürlich linke! – sorgen
mache, nachdem ich im gästebuch von xxx post mit
einer derart unsittlichen frage finden musste:


„was ich (…) vermisse sind die fotos von unseren
konzerten mit georg alias peryton. kann ich da (…)
irgendwie rankommen? bin nämlich immer auf der
suche nach vorzeigbaren fotos von – jetzt bitte nicht
lachen – mir und du bist ja bekannt dafür, dass dur
aus jedem arsch ein gesicht machen kannst“

sag mir’s, wenn ich falsch verstand: du bittest, deinen
arsch ins rechtschaffenste licht zu rücken und willst ihn
aberdann in eiweissschichten eingeprägt dergestalt auf
ewig festgehalten sehn?

wie ist dir, freund, was geht? was kommt, was bleibt, was
tut sich innen und auch sonst an dir, du armer?

bist du verliebt, verloren? hat dich ein eheanbahnungs-
büro in fängen, du hast gelöhnt und merkst zu spät, dass
es nicht lohnte? (nichts gegen DEINEN arsch, damit, doch
herzlich sei den anderen gescholten)

als erstes, lieber rat ist teuer, eigentlich, du weisst; doch
dies aus dem tiefsten herzen: nimm jenen, deinen mund-
bereich, der unterhalb der nase sei gemeint, für das por-
trait – das ist nicht schlecht. das geht. wenn du dich an den
andern ärschern messen musst, in deinem umfeld, hast
du schon gewonnen

die letzten sorgen ausgeräumt: ‚dass dur aus jedem arsch
ein gesicht machen kannst‘ – ich hab dabei geschrien. auch
hätt ICH anders formuliert, aus reinster, kollegialer liebe:
dass dir ‚aus jedem dur ein moll‘ gelingt, mein freund, der
goldhornbläser

und wenn dir nochmal tiefster zweifel aufgärt, freund: ich
halt dich gern. ich rat dir gut, denn sowas edles liegt wie
andern neid in meinem blut: der samariter, der dem
hässlichen stets freundlich auf die seite hilft, damit man
selber schneller, heller, weiter vorwärts leuchten kann

in tiefster freundschaft ewiglich verbunden nennt sich:

der peryton


[ fülle auf ]

Donnerstag, Dezember 1st, 2005


 

fremd, wenn du mir fremd, bin
ich fern, wenn du mir fern

komm näher, bitte. bleib
komm näher. bleib

bleib

fülle mein meer auf
fülle mein schweigen

fern bin ich schweigend
unter schwarzen segeln

fremd
 

foto: regen (II)
marseille, 15. oktober 2005


[ schnee ]

Montag, November 28th, 2005

du bist mir ein warmer laib brot
herbstlaub bricht deinen blick
unter schnee liegen meine schritte

weine mir, winter
 

(magdeburg, 28. 11. 2005)


[ streit ]

Sonntag, November 27th, 2005

verlässlich ist
das verlassen
sagte sie

gleichwohl, sage
ich, das wiederkehren
in der zukunft
liegt


[ 25. november 2005 ]

Samstag, November 26th, 2005


 

warum?

es lag an den öffnungszeiten, dass ich keinen blick
auf ihre bilder werfen konnte und daran, dass ein
schnee drohte, so kam ich viel zu früh an, weit vor
der zeit am ziel, schälte karotten für den kuchen, ich
rieb sie fein, schnitt den kürbis für die suppe, freute
mich der ankommenden gäste, durstig genoss ich
zu früh zu viel zu gewagte kompositionen, fiel end-
lich auf ein ruhiges sofa, als die meisten noch in
heller freude tanzten

unbemerkt
 

foto: unscharf (I)
köln, 25. november 2005


[ thanksgiving day ]

Donnerstag, November 24th, 2005

dies: du wirst zwischen den fronten zerrieben
werden. der gegner ist dir übermächtig, aber
noch siehst du nicht. noch weisst du nicht. noch
willst du seinen namen nicht kennen
 

sie setzen dich an deinen platz, lächelnd. du
lächelst, sie lächeln. du fühlst dich wohl, sie
streicheln dich. du putzt dich. sie lachen. du
stehst auf, machst ein paar schritte, du
setzt dich. du putz dich. sie lachen. du er-
hebst dich, machst ein paar schritte. sie
nehmen dich auf, setzen dich an deinen platz
zurück. kein lachen mehr. kein entrinnen
 

(verstehst du mich?)


[ und ich ging wandern ]

Mittwoch, November 23rd, 2005



 

schon glaubte ich dich aus
meinen träumen herausgeschrieben
herausgesungen aus meinem
leben. aber du bist wieder da

kraftvoll, selbstverständlich ziehst
du mich an deine ufer, zeigst du dich
weisst du mich gut bei dir, warm
und unentwirrbar nah

habe ich dir je verraten, dass ich
manches mal überrascht bin vom
gedanken dich zu lieben? dem das
herz augenblicklich nachfolgt mit
einem späten schlag, mit einem
stillen taumel: ein mensch wird
geboren

und ich ging wandern in deinen
landschaften. die sommergärten
lockten mich mit blütenduft, die
brunnen luden mich zum spiel

pflücke mich, sagst du. und ich
pflücke dich
 

foto: heidelberg, 23. november 2005


[ sektenjagd – oder die vergebens nachgetragene liebe vertrockneter propheten ]

Dienstag, November 22nd, 2005

ein bisschen mehr bedacht
wäre manchmal angemessen
um zu vermeiden, dass es
– ach jeh! –
dass es noch peinlicher wird
 

da kam doch tatsächlich per email eine einladung der
inititative zur abschaffung der jagd zu einer jener mo-
natsveranstaltungen, die seit dem hausbackenen auf-
treten dieser ‚inititative‘ auf der medialen bühne dazu
geführt haben, dass das politische gewicht eines bis-
lang schwachen, aber dennoch argumentativ wahrge-
nommenen anti-jagd-widerstands nahezu gegen null
gesunken ist. was durchaus nachvollziehbar ist: keine
sekte kann das ethisch begründete argument der be-
freiung aller wesen glaubwürdig nach aussen vertre-
ten, wenn ihr glaubenszentrum totalitär ausgerichtet
ist, ihren protagonistInnen die nähe zu faschistischen
strukturen und denkmustern nachgesagt wird, die un-
terdrückung ihrer sektenglieder tägliche praxis sein
soll. das drängt die wenigen, zudem schwach vorge-
brachten argumente aus dem feld der ökologie ins un-
glaubwürdige, ins unwesentliche und verhindert da-
rüberhinaus einen gesellschaftlichen diskurs über
den umgang des menschen mit seinesgleichen und
’seiner‘ umwelt

ich fürchte also, den adressatInnen jener einladung ge-
fiel mein programmatisch gehaltener tagebucheintrag
‚vegan … na und?‘ dennoch so ausgefallen gut, dass
sie ihn vor lauter begeisterung missverstanden haben …

um dies endgültig aus der welt zu schaffen: ich koaliere
genausowenig mit sektenmarionetten, die sich dümm-
liche marketingparolen gegen jagd auf ihre werbefah-
nen geschrieben haben, um den warenkonsum der
hauseigenen produkte voranzutreiben, wie ich nicht mit
nazis gegen atomtransporte marschiere. beide beispiel-
haft genannten gruppen zähle ich zu meinen politischen
gegnerInnen und gehe entsprechend mit ihnen um


[ freiburgmorgen ]

Freitag, November 18th, 2005

„da jetzt alle rehe tot sind, hatte ich den wald ganz
für mich alleine“
 

von solch fröhlichen nachrichten geweckt, beginne
ich meinen tag nachdenklich, doch ausgeruht. der
morgen ist so grau, wie er grau sein will, in meiner
zahnbürste blitzt ein versteckter splitter fenster-
glas
und ich bin sicher, dass das augenpaar im spie-
gel ein perfektes beziehungsleben führt

später schiebt mir eine hocherwachsene mutter im
wiegenden schritt zufriedenen gealtertseins mit kin-
derwagen entgegen – sie starrt auf meine blossen
füsse, ich auf ihre grosspackung ‚öko-windeln‘. spon-
tan verabscheue ich diese stadt in ihrer biederen
sattheit. es ist noch nicht gelungen ° – nein, wirklich
nicht

° – ogg; 3,6mb


[ dann werd ich singen (on a fait le compte) ]

Donnerstag, November 17th, 2005


 

wenn die nachbarskinder mit den flammen
spielen unter euern dächern, so wie wir damals
zündelten unter luftschutzdächern, unter rohem
holz im wald, in ruinenkellern, aber ohne arg

wenn sie gebrandmarkt haben, also
was euch wichtig schien

wenn sie den müttern gesagt haben, dass ihre
milch bitter schmeckte, niemals besser als die
schläge ihrer abendväter, wenn sie die schulen
besuchen, um fenster einzuwerfen mit büchern
in sprachen, die zu verstehen niemand sie
lehren wollte, wenn sie ausgespien haben
ihren zorn und fortgegangen sind, endlich
ohne traurigkeit

dann

werde ich meine lieder dazu singen, meine
brennenden lieder von der liebe und davon
dass der warnungen genug gewesen sind

seht ihr? seht ihr?
on a fait le compte
 

foto: la cage aux enfants
marseille, 22. dezember 2005


[ fünfzehnter november 2005, 07:28 ]

Mittwoch, November 16th, 2005


 

kalt zerklirrte dieser morgen, wie das glas
zerbarst er unter ihren schlägen: aufmachen
oder …! ein ganz normaler terrormorgen
mit splittern im hemd, splittern in den
haaren, im mund sogar – und mir stank
entgegen ihre wut, besonders später, dass
noch immer keine angst war, in mir

wer sagt, dass die freiheit noch schläft, in
diesem lande, lügt. ihr habt sie euch erfun-
den. deshalb – und ohne dank – zurück an
euch: da nehme ich doch lieber meine
eigene, die ehrlich ist und stark und deren
name nicht geschrieben werden muss mit
scherben und blut
 

15. november 2005, 7:28 uhr

anlässlich der fahrzeugkontrolle auf einer bayerischen
autobahnraststätte schlug ein polizist die scheiben zweier
autofenster ein. anschliessend wurde ich wegen ‚wider-
stands gegen die staatsgewalt‘ festgenommen und – mit
handschellen gefesselt – in einen jener neubauten ver-
bracht, mit denen die deutsche staatsgewalt in jüngerer
zeit zunehmend städtebaulich in erscheinung tritt. etwa
anderthalb stunden lang blieb ich an eine sitzbank geket-
tet, bevor ich meinen anwalt anrufen konnte

ein ganz normaler vorgang, wie ein polizist später erklär-
te. ach, fragte ich ihn, das ist für menschen wie sie normal